Erklärung der SDAJ zu den 15. Weltfestspielen


Algier, den 16. August 2001

Die Sozialistische Deutsche Arbeiterjugend hat mit 37 Mitgliedern an den 15. Weltfestspielen der Jugend und Studenten in Algerien teilgenommen. Die SDAJ ist seit ihrer Gründung 1968 als Mitglied des Weltbundes der Demokratischen Jugend (WBDJ) auf das engste mit der Geschichte der Weltfestspiele verbunden. Nicht zuletzt, weil das erste Festival 1947 in Prag eine direkte Antwort auf den deutschen Faschismus war. „Nie wieder Faschismus, nie wieder Krieg“ war und bleibt die Losung der Weltfestspielbewegung.

Bei allen Schwierigkeiten und Differenzen vor allem mit dem Nationalen Vorbereitungskomitee des Gastgeberlandes Algerien sagen wir am Ende: Unsere Entscheidung, nach Algerien zu fliegen und bis zum Ende am Festival teilzunehmen, war richtig.

Das gesamte Festival stand im Spannungsfeld der Interessen der über 140 angereisten Delegationen auf der einen Seite und der algerischen Regierung auf der anderen Seite. Die über 7000 Delegierten waren gekommen, um das Festival im Sinne der Tradition der Weltfestspiele als ein politisches Festival und Diskussionsforum der fortschrittlichen Jugend der Welt zu gestalten.
Die algerische Regierung wollte das Festival nutzen, um sich vor allem im wirtschaftlichen Interesse weiter zu öffnen und Stabilität zu suggerieren.

Beide Seiten haben ihre Interessen am Ende durchgesetzt. Es steht außer Zweifel, daß die Delegierten das 15. Festival genutzt haben, um Positionen auszutauschen und weiter zu entwickeln. Sie haben konkrete Projekte beschlossen und vielen unterdrückten Völkern dieser Erde ihre Solidarität bezeugt. Und sie sind näher aneinandergerückt und gestärkt aus dem Festival hervorgegangen. Die algerische Presse hat diese Inhalte allerdings nicht nach außen transportiert. In der algerischen Öffentlichkeit spielten die Inhalte des Festivals keine Rolle und das Festival wurde vor allem als kulturelles und staatstragendes Festival präsentiert.

Daß die algerische Regierung ihr Ziel durchsetzen konnte und wir quasi keine Einflußmöglichkeit hatten, tut politisch weh. Wir als SDAJ haben diese Frage in der Vorbereitung des Festivals unterschätzt.

Die SDAJ hatte bereits vor den Weltfestspielen in einer ersten Erklärung, die sich mit den Jugendlichen in der Kabylei und ihren Forderungen solidarisierte, festgestellt, daß für uns das Festival, als das Handeln und Diskutieren der Delegierten der 15. Weltfestspiele der Jugend und Studenten, im Vordergrund steht. Unser Kriterium für den Erfolg des Festivals ist: Was hat die fortschrittliche Jugend der Welt und was hat die SDAJ als Teil von ihr auf den Weltfestspielen gemacht und durchgesetzt?

Das geplante politische Programm der Weltfestspiele wurde durchgeführt. Alle zentralen Foren zum Beispiel zu den Themen „Frieden und Sicherheit“, „Demokratie und Menschenrechte“ und „Rechte der Jugend und Studenten“ wurden mit spannenden Diskussionen durchgeführt – auch wenn sie teilweise bewußt von den Gastgebern verzögert oder blockiert wurden. Ebenso fand das antiimperialistische Tribunal als einer der Höhepunkte statt. Die Festivalteilnehmer organisierten zahlreiche Solidaritätstreffen, zum Beispiel mit Palästina, mit dem kurdischen Volk oder der FARC-EP in Kolumbien.

Wir, die SDAJ, waren mit einer klaren politischen Zielstellung zu den 15. Weltfestspielen der Jugend und Studenten gefahren und haben diese im Großen umgesetzt.

Wir haben die Jugend der Welt über die politische Situation in der BRD und über unsere Kämpfe informiert. Wir haben dazu zu unseren Schwerpunkten Antimilitarismus, SchülerInnenpolitik, Arbeiterjugendpolitik und Antifaschismus in den zentralen Diskussionsforen, auf dem antiimperialistischen Tribunal und in Diskussionsforen im Europäischen Klub Beiträge      gehalten.
Wir haben die Kontakte zu den kommunistischen Jugendorganisationen in Europa verteift und Schritte für konkrete gemeinsame Projekte eingeleitet. So haben wir Partner für ein neues Solidaritätsprojekt mit dem sozialistischen Kuba gefunden. Wir haben Partner gefunden, um eine Kampagne europäischer Jugendverbände gegen den Aufbau einer europäischen Interventionsarmee ins Leben zu rufen. Wir haben unsere europäischen Schwesterorganisationen zu einem gemeinsamen Block auf der Liebknecht-Luxemburg-Demonstration in Berlin 2002 eingeladen. Und wir haben an einem multinationalen Treffen kommunistischer Jugendverbände aus Europa teilgenommen, um über unsere Positionen und Teilnahme an der Anti-Globalisierungs-Bewegung zu beraten.
Wir haben Kontakte zu weiteren kommunistischen Jugendverbänden – so zu der Kommunistischen Jugend der USA, Venezuelas, der FARC-EP, der Ukraine, Nord-Koreas, der Westsahara und Palästinas – hergestellt bzw. vertieft und uns über ihre Situartion und ihre Kämpfe informiert.
Eine positive Rolle haben wir zudem gegenüber unseren Genossen von GUSIR, dem Dachverband irakischer Studentenorganisationen, die in Opposition zum irakischen Regime stehen, gespielt. Wir haben uns vor den Weltfestspielen dafür eingesetzt, daß unsere Genossen mitfliegen können und Visa bekommen. Zwar ist uns nicht gelungen, ihnen neben den staatstreuen Irakern den Status eines Nationalen Vorbereitungskomitees zu erkämpfen. Nach unseren Möglichkeiten haben wir aber gemeinsam mit anderen europäischen Delegationen versucht, ihnen als Mitglieder unserer Delegationen eine Stimme zu geben. Als es zu Beginn des Festivals in einem zentralen Forum zum Eklat kam – Staatsiraker hatten ein Mitglied von GUSIR am Reden gehindert, diesen und weitere Mitglieder von GUSIR, der SDAJ und andere europäische Teilnehmer des Festivals geschlagen – hat die SDAJ schnell mit einer Erklärung reagiert. Wir forderten den Ausschluß der irakischen Delegation, die Verurteilung dieses aggressiven Aktes und eine formelle Sicherheitsgarantie für alle Teilnehmer des Festivals vom Internationalen Organisationskomitee (IOC). Das IOC kam nur den beiden letzten Forderungen von uns nach. Der Ausschluß der irakischen Delegation wurde vom algerischen Nationalen Vorbereitungskomitee blockiert. Dennoch hat das IOC eine eindeutige und politisch wichtige Stellungnahme abgegeben und unsere Erklärung hat bewirkt, daß sich alle Delegationen mit der Problematik auseinandergesetzt haben und sich sehr viele mit unseren irakischen Genossen solidarisiert haben.
Zusammenfassend stellen wir fest, daß es uns gelungen ist, gemeinsam mit anderen Delegierten den Charakter der Weltfestspiele als politisches Festival der fortschrittlichen Kräfte der Welt durchzusetzen. Davon zeugt nicht zuletzt die deutliche Abschlußerklärung der 15. Weltfestspiele der Jugend und Studenten. Die SDAJ ist gestärkt und mit neuen Aufgaben aus diesem Festival herausgegangen und hat insgesamt eine positive Rolle gespielt.
Wir müssen aber auch feststellen, daß es der algerischen Regierung gelungen ist, das Festival für ihre Interessen zu nutzen. Dazu gehört auch, daß es uns nicht möglich war, den Jugendlichen in der Kabylei, deren Proteste während des Festivals ebenso anhielten wie die staatliche Repression, erneut unsere Solidarität zu bekunden. Mit der Entscheidung, als SDAJ nicht an der Abschlußkundgebung teilzunehmen, bei der erneut Präsident Bouteflika sprach und so der Abschluß zur Regierungsveranstaltung umfunktioniert wurde, konnten wir einen kleinen Punkt des Protestes setzen. Unserer Meinung nach dürfen die Weltfestspiele der Jugend und Studenten kein zweites Mal in solch eklatanter Weise für Regierungszwecke mißbraucht werden. Wir haben uns vorgenommen,

  • den Jugendlichen der Kabylei erneut unsere Solidarität zu bezeugen,
  • mit einer Erklärung nach den Weltfestspielen an die algerische Regierung unseren Protest über die versuchte Vereinnahmung der Weltfestspiele zum Ausdruck zu bringen,
  • möglichst schnell mit den europäischen Jugendverbänden in Auswertung der Weltfeststspiele in die Diskussion zu treten,
  • mit aller Kraft und Intensität die 16. Weltfestspiele gemeinsam mit unseren Schwesterorganisationen vorzubereiten,
  • möglichst schnell mit der Umsetzung unserer in Algerien beschlossenen Vorhaben – der Planung des neuen Solidaritätsprojektes mit Kuba und der Antimilitarismus-Kampagne – zu beginnen