Europäischer Klub – Arbeiterjugendpolitik der SDAJ


Referat bei der Veranstaltung der SDAJ im Europäischen Club

Liebe Genossinnen und Genossen,

in meinem Beitrag möchte ich auf die Arbeit der SDAJ in Betrieben und Gewerkschaften eingehen, die wir als „Arbeiterjugendpolitik“ bezeichnen.

Für uns ist die Orientierung auf Auszubildende und junge ArbeiterInnen von strategischer Bedeutung. Jugendliche in industriellen Großbetrieben stehen dem Klassengegner direkt gegenüber, die Ausbeutung wird für sie täglich am eigenen Leibe spürbar und hier sammeln sie die ersten Erfahrungen im Klassenkampf, so z.B. bei Streiks, aber auch in der Interessenvertretung in Jugendauszubildendenvertretungen und Betriebsräten.

In den Großbetrieben ist der gewerkschaftliche Organisationsgrad am höchsten, so verfügen sie, zusammen mit ihren älteren KollegInnen – im Gegensatz zu SchülerInnen und Studierenden- über eine reale Kampfkraft und die Möglichkeit Angriffe des Kapitals abzuwehren und eigene Forderungen durchzusetzen.

Als Marxisten-Leninisten sind wir der Auffassung, daß sich grundlegende fortschrittliche Veränderungen nur durch ein einheitliches und geschlossenes Handeln der gesamten Arbeiterklasse durchsetzen lassen. Die entscheidende Rolle fällt dabei aber den ArbeiterInnen in den industriellen Großbetrieben zu. Sie bezeichnen wir als den „Kern der Klasse“.

Die SDAJ betrachtet es als eine ihrer zentralen Aufgaben, Klassenbewußtsein in der Arbeiterjugend zu verbreiten und Einsichten in unsere wissenschaftliche Weltanschauung, den Marxismus-Leninismus zu vermitteln. Um dies zu erreichen, ist es notwendig, daß die SDAJ dort politisch auftritt, wo sich die Arbeiterjugend trifft, diskutiert und ihre Kämpfe führt – in den Betrieben.

Bis Ende der 80er Jahre war die SDAJ dort auch fest verankert. Wir verfügten über mehr als 100 Betriebsgruppen, waren stark in den Jugendauszubildenden-vertretungen vetreten und hatten einen nicht unwesentlichen Einfluß in der Gewerkschaftsjugend.

Heute sieht das leider anders aus. Mit dem weitgehenden Zerfall der SDAJ im Zuge der Konterrevolution in den ehemals sozialistischen Ländern Europas, mit denen wir uns immer verbunden fühlten, brach auch unsere Verankerung in den Betrieben völlig zusammen. Seit 1990 gibt es in der SDAJ keine Betriebsgruppen mehr.

In den 90er Jahren blieb die Arbeiterjugendpolitik eines der schwächsten Bereiche unserer Arbeit. Unser Verband bestand fast ausschließlich aus SchülerInnen und Studierenden. Kontakte in die Betriebe und Gewerkschaften gab es praktisch nicht. Obwohl wir immer die strategische Bedeutung und die zentrale Rolle, die dieses Politikfeld für uns spielt betont haben, kamen wir kaum einen Schritt weiter. 1996 begannen wir dann, uns neue Positionen und Forderungen zu erarbeiten. Wir belebten die alte Forderung der SDAJ nach einem Lehrstellengesetz, in dem wir u.a. fordern, daß alle Betriebe 10 % ihrer Arbeitsplätze als Lehrstellen zu verfügung stellen, daß Betriebe, die dies nicht tun dafür eine hohe Abgabe zahlen müssen und das Auszubildende ein Recht auf einen Lohn haben, der ihnen ein eigenständiges Leben ermöglicht.

Wir starteten dazu eine Kampagne, in der wir mehrere tausend Unterschriften sammelten. Wir mussten aber feststellen, daß wir mit dieser Kampagne zwar SchülerInnen und Jugendliche ohne Ausbildungsplätze ansprechen konnten, nicht aber die Jugendlichen in den Betrieben; sie hatten ja bereits einen Ausbildungsplatz.

Um wieder erste Schritte zur Arbeit an und in Betrieben zu gehen beschlossen wir 1998 auf unserem Bundeskongreß ein Pilotprojekt zur Betriebsarbeit in einem Chemieberieb. Unser Ziel war es dabei, wieder erste Erfahrungen in dieser Arbeit zu sammeln und diese dann später für den gesamten Verband nutzbar zu machen.
Dabei mussten wir feststellen, daß es außerordentlich schwierig ist, von außen in einen Betrieb hinein zu wirken. Wir verteilten zwar regelmäßig eine Betriebszeitung vor dem Werktor; hatten selbst aber kein Mitglied, das in diesem Betrieb arbeitete. So fehlten uns wichtige Informationen aus dem Betrieb und die Möglichkeit mit den Jugendlichen länger über unsere Positionen zu diskutieren. Nach einiger Zeit mussten wir so das Pilotprojekt einstellen.

Wir zogen daraus die Lehre, daß es zur Arbeit an einem Betrieb mit dem Ziel dort wieder eine SDAJ-Betriebsgruppe aufzubauen, absolut notwendig ist, über gute Informationen – z.B. durch ein Mitglied oder eine Betriebsgruppe der Deutschen Kommunistischen Partei in diesem Betrieb- zu verfügen und das wir GenossInnen brauchen, die bereit sind selbst in diesen Betrieb zu arbeiten oder eine Ausbildung zu machen.

Unser Ziel ist und bleibt es, in Perspektive wieder SDAJ-Betriebsgruppen aufzubauen. Dazu haben wir m.E. heute bessere Ausgangsbedingungen als noch vor ein paar Jahren.Der Anteil von Auszubildenden und Arbeitern bzw. Angestellten in der SDAJ ist deutlich gestiegen. Auch die SDAJ-Gruppen beginnen wieder, sich ernsthafter mit unserer Arbeiterjugendpolitik zu beschäftigen.

In einem großen Metallbetrieb mit 5000 Beschäftigen in Osnabrück haben wir inzwischen 3 Mitglieder gewonnen, die dort auch als SDAJler politisch wirken und wichtige Erfahrungen für den gesamten Verband sammeln. Wir hoffen, dort in einiger Zeit wieder die erste SDAJ-Betriebsgruppe gründen zu können.

Mit der Deutschen Kommunistischen Partei sind wir in der Diskussion, gemeinsame Schritte in diesem Bereich zu tun. Wir wollen unsere Kontakte zu deren Betriebsgruppen ausbauen und gemeinsam prüfen, an welchen Betrieben wir zusammen arbeiten können.

Darüber hinaus wollen wir die Tradition der „politischen Berufsberatung“ in der SDAJ wieder aufleben lassen. Dabei geht es darum, mit unseren jungen Mitgliedern zu diskutieren ob sie nicht gezielt in den industriellen Großbetrieben eine Ausbildung machen wollen, in denen wir günstige Voraussetzungen für eine Arbeit der SDAJ sehen.

Die SDAJ wird in den kommenden Jahren ihre Arbeiterjugendpolitik intensivieren. Aufgrund der zentralen politischen Bedeutung, die wir diesem Bereich beimessen, bleiben wir bei unserem strategischen Ziel, wieder Betriebsgruppen der SDAJ aufzubauen.

Ich hoffe, Euch auf den nächsten Weltfestspielen dann von unseren Erfolgen berichten zu können !