Europäischer Klub – Ausbildung in der BRD


Veranstaltung der SDAJ zur Arbeiterjugendpolitik im Europäischen Club

Die Lage der Jugend der Arbeiterklasse der BRD ist vor allem geprägt durch den steigenden Ausbildungsplatzabbau. Um alle Ausbildungsplatzsuchenden Jugendlichen versorgen zu können fehlen über 300.000 Ausbildungsstellen. Die meisten jungen Menschen ohne Ausbildung füllen das Millionen zählende Heer der Arbeitslosen an.

Der Ausbildungsplatzabbau wird in erster Linie von den Großkonzernen betrieben, deren Namen jeder kennt. Es sind: Siemens, Daimler-Chrysler, VW, Deutsche Bank usw.

Der Abbau von Lehrstellen ist überproportional zu dem ohnehin schon gravierenden Arbeitsplatzabbau.

Die als allgemein vorgesehene und bis vor einigen Jahren auch gebräuchlichste Form der Ausbildung in Deutschland, ist die des sogenannten dualen Systems. In diesem System werden Jugendliche hauptsächlich in den Betrieben ausgebildet, müssen aber auch ein- bis zweimal die Woche in eine Berufsschule gehen, welche zur Vermittlung theoretischer Kenntnisse und zu einer Angleichung des Niveaus unter den Auszubildenden beitragen soll. Diese Ausbildungsgänge dauern 3-3 1/2 Jahre. Es gibt Ausbildungsvergütungen, von denen man allerdings nicht leben kann.

Gegen diese Form wird auf breiten Feld von den Feinden der Auszubildenden, von den Unternehmern ein Angriff geführt mit dem Ziel die Ausbildung in ihrem Interesse „auszudifferenzieren“. So ist diese Form zu einem  bedeutenden Teil durch rein staatliche, vom Steuerzahler finanzierte, außerbetriebliche Ausbildungsgänge verdrängt worden. Im Westen sind weit über 1/3 und auf dem Gebiet der DDR die Hälfte aller Azubis allein in den sogar offiziell als außerbetriebliche Ausbildungsmaßnahmen bezeichneten Einrichtungen beschäftigt, die Lehrstellenlosen und solche KollegInnen die in inoffiziellen staatlichen Maßnahmen sind, nicht mitgezählt.

Diese Ausbildungsform hat für die betroffenen Kolleginnen und Kollegen schwerwiegende Nachteile, wie die folgenden:

  • man bekommt deutlich weniger Ausbildungsvergütung (weniger als 50% der regulären Azubi-Löhne)
  • man hat kein Recht auf eine Interessenvertretung durch eine Jugend- und Auszubildendenvertretung in diesen Werkstätten und Einrichtungen
  • man kann, da man ja in keinem Betrieb lernt nicht direkt nach der Ausbildung im Betrieb weiterarbeiten, das heißt man kann nicht übernommen werden
  • man hat schlechtere Chancen auf dem Arbeitsmarkt, weil solche Ausbildungen nicht so angesehen sind und man nach der Ausbildung keine betriebliche Praxis vorzuweisen hat

Die Mehrzahl der Azubis in betrieblicher Ausbildung sind im Handel, im Dienstleistungsbereich, im sozialen Bereich, in der Verwaltung und vor allem im Handwerk anzutreffen. Dort werden sie in der Regel als billige Arbeitskräfte missbraucht. Nicht selten werden Azubis in den genannten Bereichen nach der Lehre entlassen um anderen Azubis Platz zu machen.

Wenn die Großkonzerne und -Betriebe ausbilden, dann ihren eigenen Facharbeiternachwuchs, das lassen sie sich auch was kosten. Die Bedingungen zu erfüllen um einen der begehrten Lehrstellen in einem solchen Unternehmen zu bekommen werden immer schwerer zu erfüllen. 500 bis 1.000 Bewerbungen auf einen Ausbildungsplatz sind keine Seltenheit. Man muss natürlich auch sehen dass die relativ gute Qualität der Ausbildung in diesen Branchen und Betrieben von den Azubis und ihren älteren KlassengenossInnen in der Vergangenheit erkämpft wurde. Heute wird auch hier vieles am Niveau und an der Qualität in Frage gestellt, denn die Unternehmer wollen nicht zuletzt bei der Ausbildung sparen.

Nach der Ausbildung kommen die meisten vom Regen in die Traufe. Denn alle die, die nicht übernommen werden, finden beileibe nicht sofort einen anderen Job. Bei über 4 Millionen Arbeitslose kein Wunder. Mehr und mehr müssen sich mit befristen Verträgen, mit Zeitarbeit oder 630,-Jobs zufrieden geben. Oder mit Verträgen mit flexibler Arbeitszeit, also mit Wochen mit bis zu 60 Stunden Arbeit und ohne Bezahlung der Überstunden.

Und bei 500 Bewerbern auf eine Stelle und über 300.00 Jugendlichen ohne Lehrstellen und bei mehreren Millionen Arbeitslosen ist sie Erpressbarkeit der Kolleginnen und Kollegen und der Druck auf sie, unter schlechteren Bedingungen, mit immer schlechteren, flexibleren und prekären Verträgen zu arbeiten, natürlich groß. Derzeit gibt es nur wenige Ausnahmen, wo sich die Arbeiter wehren und zum Beispiel streiken.

Aber trotz der Zaghaftigkeit und der Resignation sind wir davon überzeugt dass die Kraft der in den großen Betrieben konzentrierten und organisierten Kolleginnen und Kollegen wieder erwachen und wirksam werden wird.