Beitrag der SDAJ beim Forum »Neoliberale Globalisierung und Entwicklung«


Liebe Genossinnen und Genossen,

seit einigen Jahren geht das Gespenst der Globalisierung auch in Deutschland um. Aufgrund der Globalisierung, so sagt man uns, sei es notwendig, dass die Unternehmen enorme Gewinne machen, um investieren, Konkurrenten aufkaufen zu können etc. Aufgrund dieser internationalen Konkurrenz also hören die Massenentlassungen nicht auf, die derzeitig mehr als 4 Millionen Arbeiter zur Arbeitslosigkeit verdammen und die Arbeitsintensität für die, die bleiben, erhöhen. Im Namen dieser Globalisierung werden nach und nach die Errungenschaften der Arbeiterklasse abgeschafft und ihre Arbeitsbedingungen verschlechtert. Zum Beispiel durch die massive Ausbreitung der prekären Arbeitsverhältnisse – vor allem bei Jugendlichen, so dass mittlerweile ein Jugendlicher von vieren unter prekären Bedingungen arbeitet. Auch durch die Einführung der flexibilisierten Arbeitszeit, was bedeutet, keine feste Wochenarbeitszeit mehr zu haben, sondern manchmal Wochen mit 60 Stunden für das gleiche Geld, je nach Anforderung des Betriebes. Im Namen dieser Globalisierung, angeblich um in der internationalen Konkurrenz Investitionen anzulocken, werden die Steuern der Unternehmer gesenkt ; zum Beispiel wurde die Vermögenssteuer abgeschafft und der Spitzensteuersatz  in den letzten 10 Jahren von 55 auf 40% gesenkt. Und natürlich, wenn man die Unternehmer mit Steuern verschont und noch Milliarden Subventionen schenkt, braucht man sich nicht zu wundern, dass nicht mehr viel im Staatshaushalt übrig ist. Und so, mit dem Argument, dass die Kassen leer sind, dient die Globalisierung sowohl der früheren rechten wie der jetzigen sozialdemokratischen Regierung als Entschuldigung, um extrem im sozialen Bereich zu sparen, auch bei der Bildung, bei der Rente, bei dem öffentlichen Sektor im allgemeinen, es wird massivst privatisiert etc. etc.

All dies hat einen Teil der deutschen Linken dazu bewogen, gegen die Globalisierung oder auch den Neoliberalismus zu kämpfen.

Aber was ist so Neo an dem heutigen Liberalismus, was so neu an der Globalisierung ?

Ohne Zweifel, unter dem Druck des Kapitals, privatisieren die Staaten nicht nur vieles, was früher verstaatlicht worden ist, sondern betreiben außerdem noch sozialen Kahlschlag im öffentlichen Dienst, um soviel wie möglich ihrer Ressourcen zur Erhöhung des Profits des Kapitals zu verwenden. Aber man darf nicht vergessen, dass nach dem 2.Weltkrieg ebenso, um den Interessen des Kapitals zu dienen, die Staaten einige Wirtschaftssektoren in die eigene Handgenommen haben. Es ging darum, den Unternehmen billige Energie zu liefern, preisgünstig ihre Waren zu transportieren und die Arbeiter dahin zu befördern, wo sie gebraucht wurden, und all dies zu einer Zeit, wo es durch den Krieg kaum nutzbare Infrastruktur gab und kolossale Investitionen nötig waren, um diese zu schaffen. Investitionen, zu denen kein Privatunternehmen bereit war. Aber heute existieren diese Infrastrukturen, da die Staaten sie geschaffen und unterhalten haben. Nur heute sehen die Kapitalisten nicht mehr die Notwendigkeit, sich Profite durch die Lappen gehen zu lassen, die sie durch die Privatisierung rentabler Bereiche des öffentlichen Sektors gewinnen könnten. Noch zuzulassen, dass der Staat weiterhin Geld für öffentliche Dienste ausgibt, die für die Unternehmer nicht notwendig sind.

Was das soziale Sicherungssystem angeht, so war dieses ein Mittel, den sozialen Frieden zu erkaufen, bei uns insbesondere aufgrund der Nähe zur DDR und allgemein aufgrund der Existenz der sozialistischen Länder. Da dieses Hindernis verschwunden ist und die Unternehmer seit Jahren die Ausbeutung der Arbeiterklasse verschärft haben, ohne größeren Widerstand zu spüren bekommen zu haben, glauben sich die Kapitalisten zu Recht oder Unrecht in der Lage, nach und nach das soziale Sicherungssystem abschaffen zu können, damit der Staat mehr Geld für die Ansprüche des Kapitals verwenden kann. Es ist also nichts neues, kein „neo“ an der Tatsache, dass der Staat heute alle Mittel einsetzt, um der Bourgeoisie zu helfen. Die Staaten haben immer alle ihre Ressourcen der Bourgeoisie zur Verfügung gestellt, aus Kosten der Mehrheit der Bevölkerung, sie es  früher unter dem Mantel des Sozialstaates oder heute unter dem des Liberalismus.

Man braucht also nicht vor der Globalisierung Angst haben, weil sie die Macht und Durchsetzungskraft des eigenen Staates schwäche. Denn seit der bürgerliche Staat existiert, bestand die Ausübung seiner Macht immer nur darin, der Bourgeoisie zu helfen und sie zu beschützen, und dies tut er heute unter der Globalisierung ebenso gut wie vor hundert Jahren. Im übrigen hat die Globalisierung in keiner Weise die Rivalitäten zwischen den Bourgeoisien der verschiedenen Länder abgeschwächt, im Gegenteil. Und die Nationalstaaten spielen auch weiterhin ihre Rolle darin, als Beschützer der Interessen ihrer Bourgeoisie, in letzter Konsequenz auch durch den Einsatz ihrer Armee.

Wenn es also nicht die Rolle des Nationalstaates ist, was ist also dann so neu an der Globalisierung ? Ist es, dass die Produktion und die Konkurrenz der großen Konzerne international geworden ist?

Ohne Zweifel haben der Untergang der sozialistischen Länder und auch der Abbau des Protektionismus den internationalen Markt mehr denn je zu einer Arena gemacht, in der sich die Konzerne einen blutigen Krieg liefern, ohne sich um die Konsequenzen zu scheren.. Eine einzige Sache zählt für sie – die 15%  Profit zu realisieren, die, so sagt man uns, heute die Norm sind. Aber die Konsequenzen dieses Krieges sind dramatisch für viele arme Länder, die den Konzernen, diesen Raubtieren, vollständig ausgeliefert sind. Aber für die Bevölkerung dieser Länder ist der Raubtiercharakter des Kapitals keine Neuheit. In früheren Zeiten waren seine Ausführer die Kolonialverwaltungen und ihre Soldaten. Später die Staaten, die von den Imperialisten bei der Dekolonisierung eingesetzt wurden. Die Plünderung dieser Länder hat nie aufgehört. Nur die Form hat sich geändert.

Die Konsequenzen sind auch dramatisch für die Arbeiterklasse der reichen Länder, die durch die verschärfte Konkurrenz und die daraus resultierenden Fusionen zehntausende Arbeitsplätze verliert. Aber wenn die Unternehmer es schaffen, die Fusionen und die Massenentlassungen durchzusetzen, dann ist dies nicht die Schuld der Globalisierung. Denn schon seit langer Zeit haben Multis wie Ford, General Motors und andere Fabriken in vielen Ländern der Welt – viel viel länger als die Zeit, in der man heute von Globalisierung redet. Aber nicht immer waren die Arbeiter gegenüber den Versuchen, die Ausbeutung zu verschärfen, gelähmt. Häufig mussten die Chefs dieser Konzerne in ihren Büros in den USA, in Deutschland etc. kapitulieren vor der Kampfkraft der Arbeiter, die sie in Südafrika, in Brasilien oder in England ausbeuteten. Wenn die Unternehmer also heute die meisten ihrer widerlichen Pläne durchsetzen können, dann, weil das Kräfteverhältnis in der Gesellschaft derzeit zuungunsten der Arbeiter steht – egal, ob in multinationalen Konzernen oder in kleinere örtliche Unternehmen, unabhängig von der Globalisierung.

Man kann also die aktuelle Entwicklung Neoliberalismus, Globalisierung oder sonst wie nennen, sie ist und bleibt: Imperialismus. Das heißt der Kampf der großen Konzerne um Profite und um die Beherrschung der Welt, ohne Rücksicht auf das Schicksal der Bevölkerungen und selbst, wenn notwendig, mit Hilfe blutiger Kriege, denen Millionen Menschen zum Opfer fallen. Während der Existenz der sozialistischen Länder hatte der Imperialismus scheinbar seine Erscheinung gemildert. Aber nur, um – endlich befreit – seine wahre Natur um so grausamer zu zeigen

Wenn die Entwicklung der letzten Jahrzehnte etwas bewiesen hat, dann nicht, dass eine neue Ära angebrochen ist, sondern im Gegenteil, dass selbst in Zeiten, wo für ihn das Kräfteverhältnis ungünstig ist und er daher Konzessionen macht und sich sozial gibt, dass selbst dann der Imperialismus Imperialismus bleibt und dass er, wenn er nicht mit seinen Wurzeln vernichtet wird, er sich um so grausamer wieder erhebt, sobald er die Möglichkeit dazu sieht. Die Entwicklung des Kapitalismus der letzten Jahre hat vor allem seinen parasitären Charakter bestätigt, diesen parasitären Charakter von dem Lenin schon vor mehr als 80 Jahren sprach. Sie hat bewiesen, dass sich diese Gesellschaft im Kreis dreht und die immensen Möglichkeiten der Menschheit auf dem Gebiet der Wissenschaft, der Technik, der Wirtschaft und der Kultur verschwendet werden, und, anstatt dass der Fortschritt der gesamte Menschheit nutzt, er nur die Ungleichheiten verschärft und die Armut vergrößert, damit eine kleine Minderheit alle Reichtümer zusammenraffen kann.

Wenn es uns so wichtig ist, aufzuzeigen, dass unserer Meinung nach die sogenannte Globalisierung nichts anderes ist als der gute alte Imperialismus in einem neuen Kleid, dann weil es nicht tun eine Gefahr in sich birgt. Vorgeben, dass das Elend, dass diese Gesellschaft erzeugt, allein seine Ursache in einem “ Ultra- oder Neoliberalismus “ oder in der Globalisierung hat, bedeutet, die richtige und wichtige Wut über diese Verwüstungen und das Elend in eine Sackgasse zu lenken. Denn suggerieren, dass der Kapitalismus von gestern, sozusagen der präglobalisierte Kapitalismus, in irgendeiner Form besser war als der Kapitalismus von heute, dann bedeutet dies, als einzige Möglichkeit die Wahl zwischen dem “ wilden “ Kapitalismus von heute und den “ gesitteten “ Kapitalismus von gestern aufzuzeigen. Und dies bedeutet letztendlich, darauf zu verzichten, die Funktionsweise des Kapitalismus in seiner Gesamtheit in Frage zu stellen. Dies kann ein Falle für die Zukunft bedeuten, denn es kann bedeuten, dass die Wut gegen die Folgen des Kapitalismus abgelenkt und damit zu einem Instrument seiner Erhaltung gemacht wird.
Den Kapitalismus, und nicht seinen globalen Charakter, müssen wir angreifen. Es ist eben diese Globalisierung der Wirtschaft, die der Kapitalismus übrigens nicht nur in den letzten zwei Jahrzehnten, sondern schon viel länger realisiert, die durch das Blut der Menschen und die Plünderung des ganzen Planten letztendlich diese gegenseitige Abhängigkeit der Wirtschaften der einzelnen Länder geschaffen haben; die die Entstehung einer höheren Wirtschaftsordnung, einer weltweit geplanten und organisierten Wirtschaft ermöglicht.

Der Internationalisierung des Kapitals hat die Arbeiterbewegung immer und muss sie auch heute den proletarischen Internationalismus entgegensetzen, dass heißt das Bewusstsein, dass die Arbeiterklasse dieselben grundsätzlichen Interessen überall auf der Welt hat, Interessen, die den Ausbeutern absolut entgegengesetzt sind, und dass sie die Möglichkeit hat, eine andere wirtschaftliche und soziale Organisation anstelle des Kapitalismus zu erringen, den Sozialismus.