»Tag der Versöhnung« bei Weltfestspielen in Südafrika

Solidarität und Versöhnung

Solidarität und VersöhnungPretoria. Als die junge Frau am Donnerstag mit ihrer Anmoderation der Eröffnung des vierten Tages der 17. Weltjugendfestspiele fertig war, hatte sie den wohl wichtigsten Satz des Tages bereits gesagt. Der 16. Dezember wird seit 1994 als staatlicher Feiertag begangen, um die »Versöhnung« der Menschen in Südafrika zu symbolisieren. »Dies ist für uns ein ganz wichtiger Tag in unserem Kalender«, hob sie hervor. »Wenn wir eins sind, können wir unsere Menschenwürde zurückgewinnen.«

Für die Buren war der 16. Dezember jahrzehntelang der Tag, an dem sie die Zulus vernichtend geschlagen hatten. Dieses Datum nutzten sie, um die Unterwerfung der schwarzen Bevölkerungsmehrheit in Südafrika zu feiern. Für die Befreiungsbewegung hatte dieser Tag hingegen eine ganz andere Bedeutung. Am 16. Dezember 1961 gründete der ANC seinen bewaffneten Arm Umkhonto we Sizwe. Der Präsident des Weltbundes der demokratischen Jugend (WBDJ), Tiago Vieira, hob in seiner Rede deshalb hervor, was dieses Datum den Südafrikanern heute bedeutet: »Der 16. Dezember ist nicht nur ein Tag der Versöhnung, sondern auch ein Tag des Sieges – denn die Unterdrückung ist vorbei.« Er mahnte, daß Vergebung niemals Vergessen bedeuten dürfe: »Wir können nur gewinnen, wenn wir kämpfen – das ist die Lektion, die wir von Südafrika lernen und die wir uns merken müssen.« Unter Beifall rief Vieira dann den Delegierten zu: »Es gibt auf der Welt nur ein Volk: das menschliche Volk. Es sind die Imperialisten, die uns trennen wollen.« Mit einem Lied auf Nelson Mandela und Fidel Castro (Foto von der Eröffnungsveranstaltung) endete die nur knapp zweistündige Konferenz, ehe der Tag mit Auftritten internationaler Sänger und DJs bis in den Abend gefeiert wurde. Die spendeten zunächst Applaus und manifestierten anschließend bis in die Abendstunden die Einigkeit der Weltjugend tanzend vor den Festival-Bühnen.

Von Christian Selz, Pretoria
Erschienen am 18. Dezember 2010 in der Tageszeitung junge Welt