»Die Jugendlichen haben einen gemeinsamen Feind«

WBDJ-Präsident Nikolas Papadimitriou

[otw_shortcode_info_box border_type=“bordered“ border_color_class=“otw-red-border“ border_style=“bordered“]Nikolas Papadimitriou ist Mitglied der Vereinigten Demokratischen Jugendorganisation (EDON) Zyperns und zur Zeit Präsident des Weltbundes der Demokratischen Jugend (WBDJ). Mit ihm sprach in Sotschi Roland Zschächner.[/otw_shortcode_info_box]

Die 19. Weltfestspiele der Jugend und Studenten werden an diesem Wochenende enden. Was ist Ihr Eindruck von dem Treffen in Sotschi?

Das ist schwierig zu sagen. Wir haben positive und auch viele negative Dinge gesehen. Aber es ist keine Frage des persönlichen Eindrucks, sondern, wie der Weltbund der Demokratischen Jugend, WBDJ, dieses Treffen nach seiner Auswertung einschätzen wird.

Der WBDJ hat in der Zeit der Weltfestspiele zwei Statements herausgegeben. Eines richtet sich gegen die Teilnahme von »reaktionären Elementen« an dem Treffen. Das andere gegen die Kontrollen und die Einziehung von Flyern. Wie schwerwiegend waren die Vorfälle?

Bezüglich der reaktionären Elemente haben wir uns bereits vor den Weltfestspielen geäußert. Reaktionäre, faschistische und zionistische Kräfte hatten weder auf den vergangenen noch haben sie auf zukünftigen Treffen eine Stimme. Sie widersprechen der Geschichte der Festivalbewegung. Sie werden von uns niemals akzeptiert werden. Wir müssen aber einräumen, das es sich um ein ernsthaftes Problem handelte, von dem einige Länder betroffen waren. Doch als Weltbund sind wir stark genug, um uns solchen Elementen auf unserem Treffen entgegenzustellen.

Wie waren die Reaktionen der russischen Seite auf die Stellungnahmen des WBDJ?

Bisher gibt es darauf keine Reaktionen, keine negativen Kommentare. Ich weiß nicht mal, ob sie sie überhaupt zur Kenntnis genommen haben. Aber ich gehe davon aus, dass sie davon nicht überrascht sein werden, schließlich kennen sie den ideologischen und politischen Hintergrund des WBDJ und des Festivals sehr genau.

Aus einigen Delegationen kam vor dem Treffen und verstärkt auch während des Festivals Kritik daran auf, dieses in Russland stattfinden zu lassen. War es ein Fehler, nach Sotschi zu kommen?

Eine solche Position kann nur in einer kollektiven Diskussion innerhalb des Weltbundes entwickelt werden und nicht durch den Präsidenten oder den Vorstand. Dieser hat in dem Vorbereitungsprozess nur die Entscheidung des Vorbereitungskomitees umgesetzt.

Wurde der Weltbund von Russland an den Rand gedrängt?

Es gab Momente, in denen der WBDJ mit Schwierigkeiten konfrontiert war, von der russischen Seite gehört zu werden. Trotzdem haben wir als Verband zusammengestanden. Wir haben immer versucht, die Sache voranzubringen und zu kooperieren. Unglücklicherweise mussten wir wenige Tage vor dem Beginn des Festivals noch viele Probleme lösen. Wir müssen akzeptieren, dass nicht alles geklappt hat.

War es ein entpolitisiertes Festival?

Die Weltfestspiele waren immer eine multikulturelles und politisches Ereignis. Es gibt immer junge Leute, die ein Interesse an politischen Themen haben und andere, die sich für kulturelle und sportliche Aktivitäten interessieren. Das ist die Realität in unserer Zeit. Wir sind damit konfrontiert, dass das System die Jugend entpolitisieren will. Wir als Weltbund versuchen, uns diesem Trend nicht unterzuordnen.

Das Ziel ist es, den Jugendlichen die Probleme ihrer Altersgenossen aus anderen Ländern näherzubringen. So können sie erkennen, dass sie mit ähnlichen Schwierigkeiten kämpfen und schlussendlich verstehen, dass sie einen gemeinsamen Feind haben. Dafür muss nicht immer unbedingt die Sprache der Politik gesprochen werden.

Wurden diese Inhalte durch die WBDJ-Mitglieder an die vielen Jugendlichen auf dem Festival vermittelt, die vielleicht zum ersten Mal mit solchen Themen in Kontakt kamen?

Ich sehe kein Problem im politischen Herangehen. Es ist anders: Unsere Mitglieder kommen nicht hierher, um die Teilnehmer zu politisieren, sondern um ihre Kämpfe vorzustellen. Ich konnte viele russische Jugendliche sehen, die an unserem Programm interessiert waren und teilgenommen haben. Sie kamen auch an die Stände unserer Mitglieder und haben sich dort informiert. Letzten Endes dürfen wir das Interesse der Menschen nicht anhand von Zahlen bemessen. Oder, um es mit den Worten des kubanischen Unabhängigkeitskämpfers José Martí zu sagen: Auch wenn eine Idee, die in einer tiefen Höhle sehr gut versteckt ist, noch am Leben ist, reicht sie aus, um eine ganze Armee zu schlagen.

Ist das die Lehre, die wir aus diesen Weltfestspielen ziehen?

Nein. Aber das ist die Antwort, wenn gesagt wird, so und so viele Menschen waren in Sotschi. Wenn nur einer von 100 unsere Ideen aufgegriffen hat und wir ihn überzeugen konnten, dann ist dies ausreichend.

Doch die Lehren von Sotschi sind politischer, praktischer und logistischer Art. Wir werden sie nach dem Festival diskutieren. Die Hauptlehre für den WBDJ ist, dass selbst in schwierigen Zeiten, in denen unter anderem über die politische Orientierung diskutiert wird, der Weltbund in der Lage ist, seine Mitglieder für das gemeinsame Ziel zu vereinen, den Imperialismus zu stürzen.

Eine gekürzte Fassung erschien am 21. Oktober 2017 in der Tageszeitung junge Welt