Jugend vereint

Jugend vereint

Wenn der Stand des griechischen Kommunistischen Jugendverbandes KNE schräg gegenüber dem des größten russischen Geldinstitutes Sberbank steht; wenn über dem Olympischen Park von Sotschi Kampfjets eine Luftshow präsentieren, während im Medienzentrum über den Frieden diskutiert wird – dann sind damit einige der Widersprüche benannt, die die 19. Weltfestspiele der Jugend und Studenten prägten. Das Treffen wird an diesem Wochenende seinen Abschluss finden, in den Tagen zuvor kamen über 30.000 junge Menschen aus Russland und 180 weiteren Ländern am Schwarzen Meer zusammen.

Doch eine Welt ohne Widersprüche ist im Kapitalismus nicht möglich, weswegen sich fortschrittliche Kräfte in der ganzen Welt daran machen, diese zum Besseren zu verändern. Mitglieder von 36 kommunistischen Jugendorganisationen von fünf Kontinenten trafen sich am Mittwoch in der »roten Zone« des Festivalgeländes, um gemeinsam der russischen Oktoberrevolution von 1917 zu gedenken und ihre Schlüsse aus diesem welthistorischen Ereignis vorzustellen. Die Anzahl der Teilnehmer überraschte. Bei einem ähnlichen Treffen beim letzten Festival vor vier Jahren in Quito waren nicht einmal halb so viele Gruppen zusammengekommen.

Den Anfang der Diskussionsbeiträge machten die beiden im Weltbund der Demokratischen Jugend (WBDJ) vertretenen Mitglieder des Gastlandes: der Leninistische Komsomol, Jugendverband der KP der Russischen Föderation, und der Revolutionäre Komsomol (Bolschewiki) von der Russischen Kommunistischen Arbeiterpartei. Von letzterem konnte der Beitrag nicht durch den Vorsitzenden verlesen werden, weil diesem von den russischen Sicherheitskräften der Zugang zum Weltfestspielgelände verweigert wurde. Beide Gruppen stellten, wie auch andere Organisationen, die Einzigartigkeit der Oktoberrevolution heraus. Zum ersten Mal sei die Arbeiterklasse damals an die Staatsmacht gelangt und habe der alten kapitalistischen Gesellschaft eine sozialistische entgegengesetzt.

Dass das »Ende des Kapitalismus mit dem des Patriarchats Hand in Hand geht«, machte ein Vertreter des Kommunistischen Jugendverbandes (FJC) aus Argentinien deutlich. Er kam mit seinem Kind auf die Bühne. Er sei gerade an der Reihe gewesen, sich um den Nachwuchs zu kümmern, erklärte er. Der Reichtum der Welt sei ungerecht verteilt, doch »Lenin und die Revolution sind unsere Gegenwart und unsere Zukunft sowie Traum und Hoffnung für die Menschheit«. Wichtig sei dafür die Einheit der Arbeiterklasse sowie internationale Solidarität. Beides wurde von mehreren Organisationen besonders hervorgehoben.

Mit klaren Worten benannte die Kommunistische Jugend Österreichs (KJÖ), dass der rote Oktober erkämpft wurde, so wie auch heute noch für das Ende des Kapitalismus konsequent eingetreten werden müsse. Die Analysen Lenins zum Imperialismus und die von Marx und Engels zu den Gesetzmäßigkeiten des Kapitalismus seien auch noch heute aktuell.

Ein Vertreter aus Brasilien stellte heraus, dass es einer starken kommunistischen Organisation bedarf, um erfolgreich den Kapitalismus überwinden zu können. Dazu müsse jedoch der Opportunismus in den eigenen Reihen bekämpft werden, betonte der Redner der Front der Kommunistischen Jugend (FGC) aus Italien. Dort habe man damit schlechte Erfahrungen gemacht. Notwendig sei daher, in Anlehnung an Antonio Gramsci, eine »Bolschewisierung« der KP durch die Jugend.

Auf die historischen Auswirkungen der Oktoberrevolution in ihren Ländern wiesen verschiedene Delegierte hin. So gab es auch in kapitalistischen Ländern Verbesserungen der Arbeits- und Sozialgesetzgesetzgebung – aus Angst vor dem Erstarken linker Bewegungen. In Deutschland habe es zudem mit der Novemberrevolution 1918 einen eigenen Aufstand gegeben, wie die Sozialistische Deutsche Arbeiterjugend (SDAJ) ausführte. Der Kaiser wurde abgesetzt, die Republik ausgerufen, Räte übernahmen die Macht. Diese Entwicklung sei eine Folge des Sieges der Bolschewiki in Russland gewesen. An diesen habe aber wegen des Verrats der Sozialdemokratie in Deutschland nicht angeknüpft werden können.

Die Gefahr, die von der Reaktion ausgeht, wurde in vielen Vorträgen angesprochen, vor allem mit Verweis auf den Zweiten Weltkrieg und die aktuell von Faschismus und Imperialismus ausgehende Bedrohung. Sie seien Teil des Kapitalismus ebenso wie die Krisen, die unter anderem zu Armut und Flucht führen. Um diesem Elend ein Ende zu bereiten, müsse die Arbeiterklasse zum Subjekt der Geschichte werden. Die Oktoberrevolution sei dafür nur der Anfang gewesen, unterstrich der Redner der KNE.

Trotz oder vielleicht wegen des widrigen Umfelds schien am Mittwoch abend die oft beschworene Einheit der jungen Kommunisten vorhanden. Immer wieder wurden die Redebeiträge mit Parolen und Liedern goutiert. Das Ende markierte schließlich – »wie es sich für ein Treffen kommunistischer Organisationen gehört«, so die Moderation – das gemeinsame Singen der Internationale. Diskutiert wurde anschließend noch weiter.

Erschienen am 21. Oktober 2017 in der Tageszeitung junge Welt