Die Kaserne Fuerte Tiuna ist eines der Zentren des Festivals


Notizen aus den ersten Tagen in Caracas
Schon in den Tagen vor der Eröffnung haben wir gespürt, wie sehr die venezolanischen Streitkräfte in die Vorbereitungen und in die Durchführung des Festivals einbezogen sind. Nicht zufällig wurde als Ort der Auftaktveranstaltung die Plaza de la Academia an der Militärakademie ausgewählt, die bereits zum großen Militärkomplex Fuerte Tiuna gehört. In der Kaserne, die auch Sitz des venezolanischen Verteidigungsministeriums ist, sind zahlreiche internationale Gäste untergebracht, so zum Beispiel die Jugendlichen aus Kambodscha, die wir in den weitläufigen Gebäuden trafen. Auch viele Diskussionsveranstaltungen und Seminare des Festivals werden in Fuerte Tiuna stattfinden, besonders jene, die einen thematischen Bezug zu Krieg und Militarismus haben.

Diese Kombination ist für uns natürlich ungewöhnlich. Ich habe es bislang nicht oft erlebt, in einem blauen T-Shirt mit Friedenstaube durch eine Militäranlage zu spazieren und dabei von den Uniformierten freundlich begrüßt zu werden. Eine blutjunge Soldatin mit kurzen, dunklen Haaren begleitete uns auf der Suche nach anderen Delegierten und unterhielt sich dabei locker und angeregt mit uns, versuchte ein paar deutsche Brocken aufzuschnappen. Aber wehe, wenn ihr ein ranghöherer Offizier begegnete. Dann nahm die kleine Person Haltung an, die Hände flogen an die Hosennaht und es wurde zackig militärisch gegrüßt. Und keine Sekunde später wurde das Gespräch eifrig fortgesetzt.

Es war vielleicht auch für die jungen Kadetten, die auf der Plaza de la Academia gerade das Exerzieren probten, das erste Mal, dass ihre Blicke dabei auf große Transparente mit der Forderung nach Frieden und Solidarität, gegen Imperialismus und Krieg trafen. Das Motto der Weltfestspiele prangt vielfach auf knallroten Transparenten an den Häusern rund um den Platz. Die jungen Delegierten, die gleichzeitig auf dem Platz zusammentrafen und das Treiben der Kadetten neugierig bestaunten, zogen Tanzschritte dem Paradeschritt vor. Junge Angolaner zeigten Venezolanerinnen, wie man in ihrer Heimat tanzt, dann forderten Griechen die Umstehenden zum Mittanzen auf. Übermütige Algerier wurden von Soldaten gebeten, wieder von der Statue des Befreiers Simón Bolívar herunterzuklettern. Die Jugendlichen trösteten sich mit einem bereitstehenden Mikrofon, über das sie abwechselnd Hugo Chávez und den algerischen Präsidenten Bouteflika hochleben ließen. Zwei junge venezolanische Freiwillige, die den unter einer Palme lagernden Deutschen gerade etwas über die sozialen “Missionen” der venezolanischen Regierung erzählen wollten, gaben auf, als die Algerier einfach nicht heiser werden wollten.

Aber nicht nur die Kaserne erstrahlt in freundlicheren Farben als sonst. In ganz Caracas leuchten Plakate und Transparente, die auf das Festival hinweisen. Mauern, die noch unbemalt waren, tragen nun große Wandbilder zum Festival, viele davon sind richtige Kunstwerke. Sogar in der U-Bahn wurden die Streckenpläne um Hinweise zum Festival-Programm ergänzt. Das Hotel Anauco Suites und eine ganze Etage des Energieministeriums wurden vom Festival in Beschlag genommen. Während in dem einen zum Beispiel das internationale Pressezentrum eingerichtet wurde, arbeiten im anderen die jungen Mitglieder des venezolanischen Vorbereitungskomitees und des Internationalen Organisationskomitees.

 Im Geburtshaus von Simón Bolívar trafen wir junge Delegierte aus Mexiko und den USA. Die Nordamerikaner erzählten uns, dass sie nur unter großen Schwierigkeiten an den Weltfestspielen teilnehmen konnten. Die Drohungen aus Washington gingen so weit, dass die Botschaft der USA in Caracas sogar alle US-Bürger in Venezuela vor dem Festival gewarnt hat. Es könne zu “antiamerikanischen Kundgebungen” kommen, deshalb solle man  sich von den Veranstaltungen des Festivals fernhalten.